Bär auf leichten Pfoten
Yamaha präsentiert die jüngste Version des beliebten Allrounders Grizzly 450. Der Modelljahrgang 2011 kann in den Disziplinen Vielseitigkeit, Robustheit und Handling noch einmal zulegen. Letztlich auch dank des EPS-Systems, welches er von den größeren Grizzlys übernommen hat. Wir haben den aufgemotzten Bären in seinem Revier besucht.
Seit seiner Markteinführung im Jahr 2005 erfreut sich der Grizzly 450 in Europa großer Beliebtheit. In erster Linie als Freizeitfahrzeug. Der mittlere Grizzly verbindet er die Vielseitigkeit, Robustheit und Zugkraft eines Nutzfahrzeugs mit den Handling- und Komforteigenschaften eines Tourers. Vom Nutzfaktor her stammen die in der Bärenfamilie üblichen Ausstattungsmerkmale wie das „On-Command“ genannte Antriebssystem mit per Knopfdruck zuschaltbarem Allradantrieb und Differenzialsperre sowie die die Einzelradaufhängung an Doppelquerlenkern.
Das ist neu
Über verschiedene Modifikationen am Chassis haben die Yamaha Ingenieure dem Grizzly 450 einen sportlicheren Charakter spendiert, ohne an Robustheit einzubüßen. So wurde der neue einteilige Rahmen stabiler und verwindungssteifer ausgelegt und gleichzeitig um 2,7 Kilogramm abgespeckt. Auf die neue Dynamik abgestimmt präsentiert sich auch der Stabilisator: er ist kürzer und um 20 Prozent steifer. Schließlich präsentiert sich der hintere Achsantrieb komplett überarbeitet. Statt einer Zweipunkt-Befestigung ist das System nun an drei Punkten aufgehängt. Diese Lösung erhöht nicht nur die strukturelle Festigkeit der Hinterhand, sondern optimiert auch die Kräfteverteilung beim Beschleunigen, beim Bremsen und auf groben Pisten. Der Zweiventil-Motor zieht schon bei niedrigen Drehzahlen kräftig an und macht den Grizzly 450 recht kletterfähig Auch die hintere Mehrscheibenbremse im Ölbad wurde komplett überarbeitet und sitzt nun auf dem Antriebskegelrad. Zusammen mit den hydraulisch betätigten Scheibenbremsen auf der Vorderachse sorgt die hintere Mehrscheibenbremse unter allen Bedingungen für eine gleichbleibend hohe Bremsleistung. Die vorderen Bremsen sprechen weniger sensibel an, als die Hintere. Kräftig zupacken und ein gewisses „hölzernes“ Gefühl überwindend. Das Phänomen erschwert das Betätigen mit nur zwei Fingern, was man im Geläuf hin und wieder tun will. Dennoch ist die Bremsleistung insgesamt ausreichend.
Der Grizzly 450 EPS verfügt über die elektrische Servolenkung EPS (Electronic Power Steering). Yamaha hat das System 2006 eingeführt und auf vielfachen Kundenwunsch erstmals auch der ATV-Mittelklasse verbaut. Die geschwindigkeitsabhängige Servolenkung reduziert die erforderlichen Lenkkräfte spürbar und wirkt Ermüdungserscheinungen entgegen. Darüber hinaus dämpft EPS das Zurückschlagen der Lenkung im Gelände. Technisch ist die Servolenkung des Grizzly 450 EPS mit der des Grizzly 700 EPS identisch, wurde aber auf die einzigartige Fahrdynamik des Mittelklasse-ATV abgestimmt.
Ab ins Gelände
Über die Grizzlys ist schon viel geschrieben und erzählt worden. Das alle Versionen gute Geländegänger in ihrem Einsartgebiet sind, ist hinreichend bekannt. So auch der 450er, der als Kodiak 450 bereits die Fand der Mittelklasse begeisterte und auch einen Einstieg auf hohem Niveau erlaubte. Das gilt uneingeschränkt für den neuen EPS-geführten Grizzly. Zwar macht ihm sein größerer Bruder mit Kampfpreis ausgestattet das Leben im mittleren Segment recht schwer, aber als 450er stellt er immer noch die meisten Konkurrenten in den Schatten.
Was gibt es denn dann zu probieren? Ganz klar, wie sich das EPS auswirkt. Dazu haben wir den „Griz“ über Bahnschienen gescheucht. Fazit der Aktion: Das System wirkt wie ein Lenkungsdämpfer im Sport-Quad. Kaum merklich geht das Fahrzeug über die Bahnschwellen und Gleise hinweg, ohne Versetzen oder gar Verreißen. Auf dem Trail reagiert das ATV dank EPS auf die leichtesten Lenkimpulse des Fahrers sehr willig und direkt. Kraftaufwand ist wenig nötig. Im harten Einsatz, wo sich das IRS-Fahrwerk verschränkt, ist die Lenkhilfe richtig spürbar. Eher, als bei hohen Geschwindigkeiten, wo die Elektronik die Unterstützungsleistung drosselt. Im Zeitlupentempo über grobe Hindernisse – hier verstärkt sich die Hilfe und macht positiv auf sich aufmerksam. Da, wo man ohne richtig hebeln muss am Lenker, reicht hier der bestimmende Impuls. Mit wenig Nachdruck geht es hin und her. Das gibt Sicherheit und bereichert sogar die Streckenauswahl. Denn wir ermüden trotz des heftigen Geläufs nicht so rasch.
Üppiger Unterfahrschutz erlaubt weitere, sorgenfreie Offroadfreuden. Der 450er-Motor ist zwar recht bullig und geht ordentlich zu Werke. Allerdings ist es in Verbindung mit der Automatik schwer, die Vorhand zu heben. Dazu fehlt dem Kraftwerk das letzte Quäntchen Dampf. Und so schubst man manchen Stamm erstmal an oder buckelt durch einen Graben. Vorausschauende Fahrweise und ein kluger Gasdaumen sind notwendig, will man die Mittel-Grizzly verzugslos steuern. Ebenso verlangt er ein wenig mehr Körpereinsatz als die größeren Modelle. Ab in einen Hohlweg. Querrillen, Löcher, Wurzeln und Stämme blockieren die Weiterfahrt. Zusätzlich erschweren Steilstücke unseren Tatendrang. Konzipiert als regelrechte Trail-Maschine zieht der Servo-Bär mit Leichtigkeit durch Kurven und Wellen dank der kompakten Abmessungen. Ein Übriges tut das straffe Fahrwerk, das in der eingangs beschriebenen Weise überarbeitet wurde. Dank Untersetzung und Differentialsperre nimmt die Maschine auch die Hürden im felsigen Terrain und auf Knüppelpfaden. Die für den 450er entwickelten Maxxis Reifen vom Typ MU13 (AT25x8-12) vorn und MU14 (AT25x8-12) hinten. Die reduzieren zusätzlich die ungefederten Massen des Grizzly 450 um zwei Kilogramm. Eine modifizierte Profilgestaltung verbessert zudem die Handlingeigenschaften und bieten eine gute Traktion. In lockerem Untergrund darf es aber auch mal mehr Schwung sein. Wie erwähnt: Körpereinsatz ist gefragt.
Unser Fazit
Vom klassischen ATV, also vom Arbeits- und Lastenesel ist das Fahrzeug abgerückt. Dank seiner sportlichen Sitzposition und den gebotenen Merkmale, spricht die Yamaha den Fahrer zügiger Trails und grober Wege an. Die Tour abseits der Strassen in leichtem bis schwerem Gelände wird zum Genuss. Die grundsolide Konstruktion sorgt für Funktionalität, Vielseitigkeit und Langlebigkeit in einem breiten Einsatzspektrum. Abseits befestigter Wege waren wir fast ausschließlich im Allradbetrieb unterwegs, was uns sehr zügig vorankommen ließ. Flüssige Fahrweise und wenig Unüberwindbares prägten den Testtag. Also, Enduro-Fahrer und –Wanderer, Ausflügler: Hier ist Eure leichte Trial- und Trailmaschine.