Outlander 800 Mud Racer

Written by on 8. Juli 2010 in Can-Am, Test + Technik

Das „Ferkel“-ATV, die Outlander 800 RX mr

Manchmal muss es ein wenig mehr sein! Wenn die nette Fleisch-Tante hinter der Supermarkt-Theke 20 Gramm mehr als bestellt auf die Waage haut und freundlich drein blickend erfragt „Darf es auch ein wenig mehr sein?“, geben wir ihr oft zu verstehen – Ja es darf! Manchmal aber darf es nicht ein wenig mehr sein, es muss sogar!

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Der Quadfahrer ist ein sehr individuelles Lebewesen: er ist auf den Straßen unserer Republik selten zu finden, seine Fahrstrecken sind nichts für Weicheier und Rennveranstaltungen versprechen Dreck, Matsch und Schlamm in hoher Dosis. Manches Quad oder ATV aber kommt mit diesen Bedingungen nicht zurecht und verendet qualvoll in tiefen Wasserlöchern oder röchelt nach kühler Luft angesichts verklebter Kühler. Wege aus diesem Dilemma führen dabei oft zu seltsam anmutenden Tuning- oder Umrüstlösungen, die so gut aussehen wie Dixie-Klos auf Rädern. In den Vereinigten Staaten etwa bauen Matsch-Verrückte ihre ATVs derart brutal um, dass riesige Schnorchelsysteme wie Laternenmasten in den Himmel wachsen und den Lufteinlass in schwindelerregende Höhen verlagern. Qualität? Hält ein Rennen. Sicherheit? Wird´s schon geben. Design? Was ist das?

Can-Am, bekannt für Qualität und Design, wagt daher den Schritt und betritt mit der „Outlander 800R X mr“ die matschigsten Pisten dieser Welt. Stehend für „Mud Racer“ signalisiert das Buchstabenkürzel „mr“ die Wildschweingene der bekannten Outlander und lässt selbige, dank serienmäßigem Schnorchelsystem und verlagertem Kühler, gerüstet für die tiefsten Schlammlöcher unserer Bajas oder Trophys antreten.

Um Fahrten durch tiefe und mit Wasser gefüllte Matschlöcher zu ermöglichen, veränderten die Can-Am Ingenieure die bekannte Outlander 800 mit Hilfe eines Schnorchelsystems, das den Lufteinlass des Motors auf Höhe des Lenkers verlegt. Geschützt durch verschiedene Bleche soll durch diese Umbaumaßnahme verhindert werden, dass Wasser bei schneller Fahrt in den Lufteinlass schwappt und den Motor beschädigt. Dabei sorgt nicht nur die verlagerte Einbauhöhe für extreme Watttiefe, sondern auch die intelligent angeordneten Schutzbleche. Grundlage für den Vortrieb des Fahrzeuges, bildet der mit 71 PS extrem kraftvolle 800er Zwei-Zylinder-Motor aus dem Hause Rotax, der, kombiniert mit einem CVT-Getriebe, bärenstarke Kraft auf die Strecke wirft und hierdurch für außerordentlichen Vortrieb sorgt. Da Dreck und Schlamm oftmals für Probleme bei der Kühlung von Motoren sorgen, veränderte Can-Am auch die Einbaulage des Kühlers. Selbiger wanderte von seiner angestammten Position aus dem vorderen Bereich des Fahrers hinauf zum vorderen Gepäckträger, der in der Mud Racer neuer Einbauort des Kühlknechts wurde. Geschützt von luftdurchlässigen Blechen, hält der Kühler mechanischen Einwirkungen wie Stein- oder Astschlag stand und soll eine gute Kühlleistung garantieren. Klar ist aber, dass bei Rennveranstaltungen, wie etwa dem Senffeld in Geldern, auch eine solche Konstruktion verdreckt und die Kühlleistung massiv gemindert wird. Dennoch ist die Einbaulage sehr wartungsfreundlich und der Kühler kann mit Hilfe eines Hochdruckreinigers zügig gesäubert werden. Aber auch diese Errungenschaft fordert ihren Tribut, da durch den hohen Einbau auch der Schwerpunkt in schwindelerregende Höhen befördert wird und das Fahrzeug daher stark wankt. Zusätzlich wird diese Eigenschaft durch die serienmäßig verbauten 30 Zoll Pneus aus dem Hause Gorilla verstärkt. Hochbauend bedarf es einiger Vorsicht, das Fahrzeug schnell um enge Kurven zu werfen und dabei mit allen vier Rädern den Kontakt zum Unterboden zu halten. Weiß man aber von dieser Eigenschaft, kann sich der Fahrer an die Limits der Maschine heran tasten. Trotzdem sind die bleibenden Möglichkeiten ausreichend und die Outlander wird nicht zum fahrenden Hindernis. Gorilla bezieht die notwendigen Erfahrungen zur Entwicklung derartig großer Reifen aus verschiedenen Rennserien der USA. Dort wird in Staaten wie Texas und Louisiana jedes Wochenende auf Matsch- und Schlammstrecken nach dem Klassensieg gegraben und wichtiges Know-How erworben. Can-Am vertraut daher auf die „Silverback“-Pneus von Gorilla, die hohe Traktion und robuste Langlebigkeit versprechen. Neben der guten Traktion bieten solch große Reifen aber auch weitere Vorteile gegenüber ihren zwergenhaft anmutenden Geschwistern: die Bodenfreiheit erhöht sich und querliegende Baumstämme können problemlos überfahren werden, ohne das die Mud Racer aufsetzt. So gerüstet kann auch ein Ausflug in unwegsames Gelände erfolgen. Zum Glück spendierte Can-Am dem Fahrzeug eine zweistufig schaltbare Servolenkung, die dem Fahrer bei Lenkbewegungen helfend zur Seite steht. Was bei kleineren Fahrzeugen als technische Spielerei verschrienen ist, wird durch die riesigen Pneus zur absoluten Notwendigkeit. Ohne diese Unterstützung wären Lenkbefehle während des Stillstandes nicht zu bewerkstelligen und der Fahrer müsste die Maschine kompliziert ständig in Bewegung halten, damit die Räder beim Rollen bewegt werden können. Can-Am aber verbaut die Servolenkung und so kann auch in schlammigen Streckenabschnitten gut gelenkt werden, was ein Plus an Sicherheit bedeutet.

Wenn die Mud Racer so bewegt wird, wie es Can-Am plante, wird der ATV-Treiber nass, klar, die durchfahrenen Wassertiefen lassen die Fußstützen im Wasser verschwinden und den Fahrer darum bemüht sein, das ATV nicht zu versenken. Hierzu bieten zwei zusätzlich montierte Fußrasten, im hinteren Bereich des ATVs, die Möglichkeit, das Gewicht des Piloten auf die Hinterachse zu legen und damit das Fahrzeug für bessere Traktion tief in das Wasser zu drücken. Hierbei versinkt das Heck im Wasser, das Vorderteil aber kommt im besten Falle über die Wasseroberfläche. Ratsam, liegen die Lufteinlässe doch dort.

Die neue Mud Racer ist ein Fahrzeug, spezialisiert auf den Einsatz im besonderen Gelände. Stehen tiefe Wasserdurchfahrten oder schlammige Strecken regelmäßig auf dem Streckenverlauf der geplanten Touren, ist die Mud Racer abseits asphaltierter Wege eine stimmige Begleiterin, die dank ihrer Vorzüge nur selten am Vortrieb gehindert wird. Der hohe Schwerpunkt fordert aber seinen Tribut und lange Etappen entlang asphaltierter Straßen sind daher nicht ratsam.

Text und Fotos: Martin Zink / faszination@quadwelt.de

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